In Ihrem Team brodelt es. Das dringende Upgrade der Rechner verzögert sich, die Arbeitsbelastung steigt. Ihre Mannschaft läuft auf Reserve und bräuchte dringend Entlastung. Doch „Allen Menschen recht getan … ist eine Kunst, die niemand kann.“
Wenn Ihnen diese Situation (allzu) vertraut ist und Sie daran etwas ändern möchten, dann ist der folgende Coaching Tipp für Sie genau richtig:
Allen Menschen recht getan.
Sie sind jetzt vielleicht versucht, bei sich einen „Fehler“ zu orten. Klar: Wenn Sie „es“ nicht auf die Reihe bringen, könnte etwas mit Ihnen nicht stimmen.
Mitnichten.
Die Tatsache, dass Sie auf dieses Thema „anspringen“ weist wohl eher darauf hin, dass Sie ein hohes soziales Bewusstsein besitzen. Es ist Ihnen wichtig, dass es den Menschen gut geht und dass die Dinge zur Zufriedenheit möglichst Aller erledigt sind. Das verdient schon mal Respekt, oder?
Gleichzeitig.
Gleichzeitig stehen Sie in der Gefahr, mit den verfügbaren Ressourcen ungünstig umzugehen. Es ist eben nicht immer möglich, allen Ansprüchen gerecht zu werden … und wer könnte behaupten, dass alle Ansprüche auch berechtigt sind? Wer wollte bestreiten, dass auch berechtigte Ansprüche manchmal anderen, ebenfalls berechtigten Ansprüchen widersprechen? Wie oft haben wir selbst widersprüchliche Ziele, die sich gegenseitig ganz einfach ausschließen?
S’Füferle und S’Weggle
Dem alemannischen Volksmund ist seit Langem bekannt, dass man kaum ‚s’Füferle und s’Weggle“ haben kann. Das Brötchen hat seinen Preis und wer den nicht zu bezahlen bereit ist, wird es nicht bekommen. Dazu gibt es keine Alternative. Zumindest keine legale.
Es lohnt sich, hier etwas genauer hinzuschauen: Was passiert, wenn widersprüchliche Anforderungen an Sie herangetragen werden?
Wie gehen Sie damit um … und wie kommen Sie zu einer fairen, tragfähigen Entscheidung?
Coaching-Tipp: Allen Menschen recht getan
Die Fähigkeit, das eigene Verhalten zu ändern zählt wohl zu den anspruchsvollsten Herausforderungen, denen wir im Coaching begegnen. Zu den lohnendsten auch.
1. Legen Sie sich fest.
Beginnen Sie mit einem kleinen Tagebuch und entscheiden Sie sich, das Thema wirklich anzugehen. Das braucht nicht unbedingt viel Zeit – aber eine bewusste Entscheidung.
2. Arbeiten Sie am Konkreten.
Wählen Sie eine beliebige Situation aus, in der Sie mit widersprüchlichen Anforderungen konfrontiert sind und notieren Sie kurz die Eckpunkte:
- Frau Müller möchte ihre Überstunden abbauen, ein verlängertes Wochenende mit der Familie in den Bergen verbringen … und dabei endlich wieder einmal die eigenen Batterien aufladen.
- Ein wichtiger Bestandskunde hat gerade einen neuen Auftrag angekündigt.
Jetzt ist es wieder da: Dieses unangenehme Gefühl. „Allen Menschen recht getan …“ – aber wie sollen Sie sich jetzt wirklich entscheiden?
3. Schauen Sie genau hin.
Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit, um Ihre Handlungsoptionen auszuloten: Welche Vor- und Nachteile haben die Ihnen verfügbaren Varianten? Auf der Beziehungs- wie auf der Sachebene?
Versuchen Sie es doch einmal mit einer einfachen Wirkungsmatrix:
Nehmen Sie ein Blatt Papier zur Hand und zählen Sie die verfügbaren Optionen auf. In unserem Beispiel: Zeitausgleich gewähren oder ablehnen.
Jetzt führen Sie alle von Ihrer Entscheidung betroffenen Personen(kreise) an und detaillieren die beiden Handlungsoptionen in die besprochene Beziehungs- und Sachebene.
Bewerten Sie die Wirkung Ihrer Entscheidung auf jeder Ebene und für jede der betroffenen Personen(kreise) mit 2 (stark positiv), 1 (positiv), 0 (neutral), -1 (negativ) oder -2 (stark negativ). Der Rest ist „kleine Mathematik“.
4. Überprüfen Sie Ihr Ergebnis.
Ergänzen Sie die Grafik um Mittelwerte und Summen. Was ein Mittelwert ist? Ganz einfach: Zählen Sie Ihre Einträge in den Feldern „B“ und „S“ zusammen und dividieren Sie sie durch 2.
Ergänzen Sie die Grafik um die Spaltensummen.
Ermitteln Sie die Gesamtwirkung für „gewähren“ und „ablehnen“, indem Sie die jeweiligen Spaltensummen „B“ und „S“ zusammenzählen.
Jetzt ziehen Sie die Gesamtsumme für „ablehnen“ von der Gesamtsumme für „gewähren“ ab. Die Differenz zeigt Ihnen den Vorteil, den Sie durch die Variante „gewähren“ erzielen.
In unserem Fall ist das mit „-4“ ein recht deutlicher negativer Vorteil, also ein klarer Nachteil. Sie sind also gut beraten, den Zeitausgleich in diesem Fall nicht zu gewähren.
Selbstverständlich funktioniert das auch mit anderen Fragestellungen. 😉
5. Bleiben Sie dran.
Die „kleine Mathematik“ ist das Eine. Sie kann Ihnen im Einzelfall helfen, Klarheit zu schaffen und Tendenzen zu erkennen. Zu einem wirklich „guten“ Ergebnis finden Sie, wenn das Ergebnis Ihrer Wirkungsmatrix auch für Sie persönlich „stimmig“ ist. Und diese „Stimmigkeit“ erzielen Sie, wenn Sie diese Übung über einen längeren Zeitraum regelmäßig durchführen.
Denn die Fähigkeit, das eigene Verhalten zu ändern zählt wohl zu den anspruchsvollsten Herausforderungen, denen wir im Coaching begegnen. Zu den lohnendsten auch.
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