Ein Expertengespräch mit Kurt Schädler, Präsident des Verbandes Rheintaler Interim Manager VRIM
Interim Manager sind Umsetzer. Meist geografisch relativ breit einsetzbar, aber inhaltlich klar fokussiert auf konkrete Einsatzbereiche. Womit hat man es als Interim Manager meist zu tun?
KS: Als Interim Manager, Projektmanager und Unternehmensberater arbeite ich in der ganzen Schweiz, aber auch im Vierländereck um den Bodensee. Meine Schwerpunkte als Interim Manager liegen in Führung und Organisation bei Unternehmen. Dabei bin ich einerseits in der Sanierung, Prozess- und Kostenoptimierung tätig, andererseits aber auch im Aufbau von Unternehmen und Unternehmensbereichen. Durch meine Ausbildung bin ich in Projekten zudem an der Schnittstelle Business-IT tätig. Beratend unterstütze ich Unternehmen in der Strategie und coache nebenbei Geschäftsführer und Mitglieder von Geschäftsleitungen.
Als Gründer und Präsident des Verbandes der Rheintaler Interim Manger VRIM ist es eine der wesentlichsten Herausforderungen, ein realistisches Bild von Interim Management in der relevanten Öffentlichkeit zu kommunizieren. Wie sieht die regionale Landschaft hier aus?
KS: Ich bin seit vielen Jahren als Interim Manager, vorwiegend in der Schweiz und dort in den Wirtschafts-Metropolen tätig und habe festgestellt, dass dieses moderne, flexible Arbeitsmodell im Rheintal praktisch unbekannt ist. Unsere Region aus den drei Ländern Liechtenstein, Vorarlberg, Ost-Schweiz und, wenn man es genau nimmt, auch Teilen von Süd-Deutschland, hat viele Gemeinsamkeiten. Deshalb unterscheiden wir auch nicht in verschiedene Märkte oder Länder, sondern betrachten das Rheintal als eine Einheit.
Das Rheintal ist bekannt für seine innovativen Technologie- und Dienstleistungsunternehmen und wird deshalb oft „Silicon Rheintal“ genannt. Neben einigen Grossunternehmen hat es mehrheitlich kleine- und mittelständische Unternehmen. Ihre Anzahl ist – je nach Betrachtung der Mitarbeiteranzahl – mit ca. 15.000 Unternehmen auf beiden Seiten des Rheins immens. Insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Rheintal wird oft erwähnt. So bewerten Universitäten das Rheintal als eine der Wachstumspole außerhalb der großen Metropolen.
Bei meiner ersten Untersuchung über Interim Management in Rheintal musste ich feststellen, dass es weder tätige Interim Management Provider noch organisierte Verbände gibt. Es gibt zwar in allen Ländern Interim Manager, diese arbeiten aber jeder für sich. Das Rheintal ist damit für uns als Verband eine grüne Wiese, sozusagen Brachland.
Der Verband bezweckt, die Branche „Interim Management“ im Rheintal bekannt(er) zu machen und den Unternehmen diese neue Möglichkeit der Zusammenarbeit aufzuzeigen. Für Interim Manager bieten wir die Möglichkeit des Erfahrungs- und Gedankenaustauschs.
Wenn wir von Interim Management sprechen, dann wird darunter meist „nur“ die Möglichkeit verstanden, eine kurzfristig ausgefallene Führungskraft rasch und übergangsweise zu ersetzen: Der Geschäftsführer eines Unternehmens liegt nach einem Autounfall mit einem komplizierten Trümmerbruch im Krankenhaus und wird wohl erst in 6 Monaten wieder einsatzbereit sein – da wird gerne auf so eine „Notlösung“ zurück gegriffen. Aber ist das alles, was ein Interim Manager kann?
KS: Ursprünglich wurde Interim Management im deutschsprachigen Raum als Vakanz-Besetzung beim Ausfall einer Führungskraft auf der ersten Führungsebene verstanden. Dies ist schon lange nicht mehr der Fall, wird aber von vielen Firmen- und Personalverantwortlichen fälschlicherweise immer noch so verstanden.
Ein Interim Manager ist heute
- Projektmanager auf Zeit
- Manager mit Führungserfahrung aus früherer Laufbahn
- Generalist mit grossem Erfahrungsschatz aus vielen verschiedenen Aktivitäten, Aufgaben und Projekten
- oder Fachspezialist mit spezifischem Know-How
Oft ist er aber auch Manager für spezielle Aufgaben, z.B. den Aufbau von neuen Unternehmen oder Geschäftsbereichen, bei organisatorisch schwierigen Aufgaben wie z.B. Re-Strukturierung oder Sanierung oder als Unterstützung bei Nachfolgeregelungen.
Wir werden auch häufig im Kontext einer Internationalisierung, bei strategischen Projekten oder für die Bewältigung „politisch” heikler Aufgaben gerufen.
Reine Vakanz-Überbrückungen sind dagegen bei uns eher gering.
Die Einsatzmöglichkeiten für Interim Manager sind sehr vielfältig und jede Unternehmung kann davon profitieren. Heute wird Interim Management als ernstzunehmende Alternative zu jeder Aufgabe in einem Unternehmen betrachtet.
Mich erstaunt immer wieder, wie sehr die Vorteile eines gezielten Einsatzes eines Interim Managers unterschätzt werden. Worin genau liegt hier das Problem?
KS: Die Unternehmen in unserer Region haben noch nicht realisiert, dass Interim Management, welches in den umliegenden Ländern Wachstumsraten im zweistelligen Bereich hat, eine wichtige Alternative zur Festanstellung in Führungsverantwortung darstellt.
Die verantwortlichen Geschäftsführer haben heute noch „Angst“ vor den Interim Managern, weil sie denken, ein Interim Manager nimmt ihnen den Job weg. Genau das Gegenteil ist der Fall: der Interim Manager löst für den Geschäftsführer die Probleme, so dass sein Stuhl nicht wackeln.
Ein weiterer Grund ist, dass die Verantwortlichen die Opportunitätskosten, die sich durch nicht-umgesetzte Projekte ergeben, einfach negieren oder noch schlimmer: Sie wissen häufig gar nicht, was Opportunitätskosten sind.
Wir sind jedoch überzeugt, dass auch die Unternehmen im Rheintal dieses Arbeitsmodell integrieren werden, denn damit öffnen sich viele neue Möglichkeiten. Tun sie dies nicht, werden sie von andern Wirtschaftsregionen in unserem globalen Wirtschaftsgefüge überflügelt.
Dort, wo Interim Management erfolgreich eingesetzt wurde fällt häufig auch auf, mit wie viel Elan Mandate voranschreiten. Ein Interim Manager wird das Schiff nach getaner Arbeit rasch verlassen und braucht – anders als etablierte Führungskräfte – keine Energie in die Absicherung der eigenen Position zu investieren. Das erfordert aber auch ein sehr rasches Erkennen und Umsetzen in einer zuerst doch noch fremden Unternehmenskultur. Wie kann dieser Spagat bewältigt werden?
KS: Das ist genau der Punkt. Es geht darum, sehr rasch zu erkennen wo im jeweiligen Mandat die Chancen liegen. Dabei sind die betriebswirtschaftlichen Zahlen – Daten – Fakten von einiger Relevanz, sie bilden aber das Unternehmen nur einseitig und unvollkommen ab.
Um zukunftsfähige Entscheidungen umsetzen und das Know-how und die Ideen der betroffenen Mitarbeitenden einbeziehen zu können ist es von enormer Bedeutung, die bereits vorhandenen Erfahrungen der Mitarbeitenden verstehen und richtig einschätzen zu können.
Denn damit sich ein Unternehmen oder Team selbst „neu erfinden“ kann – dafür braucht es mehr als „nur“ funktionierende Strukturen.
Aufgabe des Interim Managements ist es auch dafür zu sorgen, dass die betroffenen Personen tatkräftig an einem Strang ziehen und zielorientiert zusammen arbeiten.
Und genau hier ist ja auch die Schnittstelle zwischen unseren Aufgabengebieten. Quod.X® ermöglicht es uns, auch die personalseitig relevanten Themen rasch und effektiv zu berücksichtigen.
Interim Management ist mit zweistelligen Wachstumsraten auch im deutschsprachigen Raum eindeutig im Vormarsch. Wie sieht hier in der Rheintal-Region die Zukunft dieser modernen Dienstleistung aus?
KS: Ich sehe heute noch viele Unternehmen, bei denen die Mitglieder der Geschäftsleitungen „Besitzstandswahrung“ machen, oder anders ausgedrückt: „sie verteidigen ihr Gärtchen“. Dadurch können Unternehmen sich nur langsam weiterentwickeln. Die Gefahr, von einem Konkurrenten übernommen zu werden oder Konkurs zu gehen, bestehen. Ein Interim Manager ist nur seinem Mandat und seinem Auftrag verpflichtet. Er hat kein Interesse, sein eigenes Gärtchen aufzubauen.
Mein Wunsch für die Zukunft ist, dass viel mehr Geschäftsführer die Möglichkeiten des Interim Managements erkennen und für die Lösung von Aufgaben Interim Manager einsetzen. Wir zeigen gerne auf, dass die Kosten kalkulierbar sind, auch für kleinere Unternehmen.
Kurt Schädler ist Geschäftsführender Partner der international tätigen KSS Partners Establishment aus Schaan/Liechtenstein. Er hat einen Universitätsabschluss in Wirtschaftsinformatik der Universität Zürich und einen MBA der renommierten University of Chicago. Ausserdem hat er eine Ausbildung in Marketing mit dem Abschluss als eidg.dipl. Marketingleiter.
Er ist seit 2004 als selbstständiger Interim Manager, Projektmanager und Unternehmensberater tätig, seit 2008 im Dachverband Schweizer Interim Manager DSIM und in der Dachgesellschaft Deutsches Interim Management DDIM e.V.
2013 gründete er den Verband Rheintaler Interim Manager VRIM und bekleidet dort das Amt des Präsidenten.
© Photo by Kurt Schädler
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